EuGH-Urteil

Keine Preisbindung für Medikamente

Von Katja Müller · 2016

Es ist eine kleine Sensation – und ein kleiner Albtraum für deutsche Apotheken. Am 19. Oktober stellte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg fest, dass die deutsche Preisbindung bei verschreibungspflichtigen Medikamenten gegen Europarecht verstößt. Was bedeutet das Urteil für Apotheken und uns Verbraucher?

Apothekerin mit Geldscheinen in der Hand
Das Urteil kann Apotheken finanziell stark belasten.

Wer in Deutschland ein Rezept vom Arzt einlöst, zahlt für verschreibungspflichtige Medikamente in Flensburg dasselbe wie in Sonthofen. Bisher galt das auch für diejenigen, die bei Versandapotheken im europäischen Ausland bestellten. Denn in Deutschland gilt: Pharmahersteller setzen den Verkaufspreis für die sogenannten Rx-Medikamente fest, Großhändler und Apotheken dürfen lediglich Zuschläge in Höhe von drei Prozent des Einkaufspreises plus 8,35 Euro pro Packung und 16 Cent zur Förderung der Sicherstellung des Notdienstes erheben. Den Großteil der Medikamentenkosten für die Patienten tragen die Krankenkassen, doch in einigen Fällen müssen Zuzahlungen geleistet werden.

Günstigere Preise durch Wettbewerb?

Um diese ging es vor dem EuGH: Im Jahr 2009 hatte die Deutsche Parkinson Vereinigung ihre Mitglieder über eine Kooperation mit einer niederländischen Versandapotheke informiert, die ein Bonussystem beinhaltete. Dagegen wurde geklagt, das Oberlandesgericht Düsseldorf reichte ein Vorabentscheidungsersuchen beim EuGH ein. Dieser stellte fest: Die deutsche Preisbindung verstoße gegen Europarecht, da sie den freien Warenverkehr innerhalb der EU einschränke. Denn auf in anderen Mitgliedstaaten ansässige Apotheken wirke sich die Regelung stärker aus als auf deutsche Anbieter. Erstere dürfen demnach Rabatte und Boni auf verschreibungspflichtige Medikamente gewähren. Verbraucher könnten daher von günstigeren Preisen profitieren.

EuGH-Urteil: Probleme für deutsche Apotheken

Deutsche Apotheken sind allerdings weiterhin an die hier gültige Arzneimittelpreisverordnung gebunden. Der Bundesverband Deutscher Versandapotheken (BVDVA) sieht das kritisch: „Nach diesem Urteil muss der Grundsatz der Gleichbehandlung gelten. Es kann nicht sein, dass es nach dem EuGH-Urteil zu einer Inländerdiskriminierung kommt. Warum sollten deutsche (Versand-)Apotheken etwas nicht dürfen, was Versender aus anderen europäischen Ländern dürfen?“, sagt der BVDVA-Vorsitzende Christian Buse. Andere befürchten, dass vor allem kleinere, stationäre Apotheken dem neuen Wettbewerbsdruck aus dem Netz nicht standhalten könnten und vor allem ältere, weniger netzaffine Bürger bald höhere Preise zahlen müssten als andere, die im europäischen Ausland ordern. Inzwischen steht ein Verbot des Versandhandels mit verschreibungspflichtigen Medikamenten im Raum.

Friedemann Schmidt, Präsident der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA), begrüßt das: „Europas höchste Richter haben ausländischen Versandanbietern einen nicht nachvollziehbaren und völlig ungerechtfertigten Wettbewerbsvorteil trotz beschränkter Leistung verschafft, der nun hoffentlich wieder ausgeglichen werden kann, damit die Vor-Ort-Versorgung durch Apotheken auch in Zukunft gesichert ist.“

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